Jetzt also Burnout?!

Diesen Blogartikel veröffentlichte ich das erste Mal Ende Januar 2024, ein paar Tage nachdem ich in der Schule einen Zusammenbruch erlitten hatte. In einer Art ungläubigem Staunen versuchte ich, meine Gedanken zu sortieren. Weil der Post in meiner damaligen Blogger-Community als Lesetipp empfohlen wurde, war er sogar kurz darauf mein Artikel mit den meisten Kommentaren.

Es dauerte allerdings nicht lange bis ich gebeten wurde, den Artikel offline zu nehmen – weil ich als Lehrerin eine besondere Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit (hier im Speziellen gegenüber der Schule und den Eltern) hätte und der Artikel in der jetzigen, unklaren Lage (ich war krankgeschrieben) nicht angemessen sei. Da mir auch die Verletzung von Persönlichkeitsrechten vorgeworfen wurde, ließ ich die Sache sogar von einem Medienanwalt prüfen, der mir sicherheitshalber zu einigen kleinen Änderungen riet. Ich nahm ich ihn jedoch nicht wieder online.

Da ich aber gerade meine eigene Reise zu mehr innerer Freiheit anhand meiner Tagebucheinträge schildere, hole ich ihn heute wieder aus dem Archiv. Er zeigt nämlich ganz ungeschönt (ohne den Filter meiner heutigen Sichtweise), was mich damals beschäftigte. Zum Beispiel das Thema ADHS, das in meinem Leben immer wieder aufploppte. Wenn du wissen willst, wie es weiter ging, komm gerne rüber zum meiner Tagebuch-Serie Teil 1: Vom Entschluss, aus dem Schuldienst auszuscheiden, bis zum Zusammenbruch.

Jetzt also wirklich – der Originaltext: Burnout?!

Naja, bewiesen ist noch nichts. Fakt ist allerdings, ich bin krankgeschrieben, zunächst mal für zwei Wochen, bis zu den Faschingsferien. Gerade sitze ich in einem wunderschönen Hotel im Schwarzwald, genauer gesagt in Freudenstadt. Ich dachte, eine Stadt mit einem so vielversprechenden Namen ist genau der richtige Ort, um meine Genesung einzuleiten. Das ist jedenfalls der Auftrag meiner Hausärztin, mich jetzt erstmal so richtig zu erholen. Und sonst so? Darum soll es hier gehen: Wie geht man so einen Burnout-Verdacht an? Wie kann man davon genesen? Und natürlich die Frage aller Fragen: Warum ausgerechnet ich? 

Was bisher geschah 

Tja, das ist auch so eine Frage: Wo fange ich da an? Je länger ich mich damit beschäftige, eine ‚Ursache‘ zu finden, desto weiter zurück gelange ich in der Vergangenheit. Um mal bei den Tatsachen zu bleiben und nicht jetzt schon in Interpretationen abzuschweifen (immerhin könnte ja auch eine simple Schilddrüsenunterfunktion hinter meiner Erschöpfung stecken, eine Blutuntersuchung steht nächste Woche an), fange ich am besten letzten Freitag an. Oder nein, letzten Mittwoch. Da hatte ich nämlich einen Termin bei meiner Hausärztin. 

Wobei der Begriff ‚meine Hausärztin‘ ein engeres Vertrauensverhältnis suggeriert, als wir miteinander haben. Da ich Patientin in einer dieser neuartigen Praxen bin, in denen „Unternehmenskultur“ großgeschrieben wird, wurde ich bisher jedesmal von einer anderen Person behandelt (was vermutlich aber auch daran liegt, dass ich bisher nur alle paar Jahre mal dort war). Jetzt habe ich aber, glaube ich, eine feste Ärztin, die ich letzten Mittwoch zum zweiten Mal traf. Das erste Mal war ungefähr drei Wochen vorher, als ich die Praxis wegen einer Nasen- und/ oder Stirnhöhlenentzündung aufsuchte, die mich noch in den Weihnachtsferien erwischt hatte und sich bis Mitte Januar zog. 

Schon da war nicht ganz klar, ob es sich um was Neues handelte oder nicht einfach der grippale Infekt, der mich seit Ende November und fast den ganzen Dezember über im Griff hatte, wieder aufgeflammt war. Diesen zweiten Termin für letzten Mittwoch hatte ich jedoch unabhängig davon vereinbart, weil ich besorgt war über die vielen grippalen Infekte und die dauernde Erschöpfung, die mich schon seit Mitte Oktober (und bei genauem Nachdenken schon seit viel früher) immer weiter runterzogen und mir mein Leben schwer machten. 

Jedenfalls: Als ich der Ärztin von meinen aktuellen Beschwerden und der Vorgeschichte erzählte, sprach sie aus, was mich als diffuse Angst schon länger begleitete: dass es sich um ein beginnendes Burnout-Syndrom handeln könnte. Sie nahm die Sache sehr ernst, wollte mich gleich krankschreiben („aus dem Verkehr ziehen“, wie sie es nannte) und ermahnte mich eindringlich, dass es immer schwerer würde, da wieder rauszukommen, je länger es andauerte. Uffz. 

Ja, aber! Ich hatte gerade diesen arschteuren, 12-wöchigen Businesskurs begonnen, der mir helfen sollte, ein Online-Business aufzubauen, um meinem ungeliebten Beruf doch noch zu entkommen. Krankschreiben, das ging jetzt nicht! Dann hätte ich ja gar keine Chance, mir nebenher ein zweites, langfristig hoffentlich tragendes Standbein zu erschaffen – und außerdem sehr viel Geld zum Fenster rausgeschmissen. – Ok, gut, wenn mir das Kraft und Hoffnung schenkte, dann sollte ich es halt versuchen.

Innerlich war ich dennoch erschüttert. Ich spürte, dass da etwas dran war, dass ich so nicht weitermachen könnte. Immerhin war mir ja klar gewesen, dass ich Hilfe brauchte. Am Donnerstagnachmittag (ich hätte eigentlich zwei Termine gehabt, die zum Glück von den jeweiligen Leuten abgesagt worden waren) war ich so k.o., dass ich zwei Stunden lang tief und fest schlief und eigentlich dachte, ich könnte überhaupt nie wieder aufstehen. 

Natürlich ging es dann doch irgendwie, wie es ja immer irgendwie gegangen war, aber auch am Freitagmorgen war ich so erschöpft, dass ich kurz überlegte, mich für den Tag krankzumelden. 

Aber die übliche Zeit dafür war schon verstrichen, da ich erst zur zweiten Stunde Unterricht hatte und davor voll und ganz damit beschäftigt war, mein Kind für die Schule fertigzukriegen. Außerdem standen die Halbjahresinformationen kurz bevor, und da ich durch den grippalen Infekt schon anderthalb Wochen verloren hatte, war ich im Rückstand mit meinen dafür noch dringend benötigten Lernnachweisen/ Präsentationen. 

Jetzt war ich sooo kurz davor, doch noch alles fristgerecht hinzubekommen. Also, nicht schwächeln, bis Dienstag müsste ich noch aushalten. Das würde ich schaffen. Dann hätte ich es geschafft! Dann könnte und würde ich alles loslassen. Alle Vorstellungen, die ich so darüber hatte, wie es weitergehen könnte. Dann würde ich auch meinen Businesskurs loslassen. Was waren schon 3000 Euro gegen mein Leben?! 

Als ich schließlich an der Schule ankam, hatte ich beim Öffnen der Eingangstüre Tränen der Verzweiflung in den Augen. „Warum bin ich so dumm? Ich kann doch gar nicht mehr! Warum bin ich denn gekommen?“ 

Zum Glück stand erstmal Coaching für einzelne Schüler*innen an. Das fand in einem Nebenzimmer statt. Dorthin flüchtete ich mich und beschloss, die Zeit bis zum Stundenbeginn zu nutzen und den Termin beim Psychiater zu vereinbaren, der für die Burnout-Diagnose notwendig war. 

Die Nummer einer psychiatrischen und neurologischen Gemeinschaftspraxis mit nicht allzu grottigen Bewertungen hatte ich mir am Abend davor schon rausgesucht. 

Auf meine Frage, ob ich denn für eine Burnout-Diagnose hier richtig sei, erhielt ich die sehr bestimmt vorgetragene Antwort, es handele sich ja um eine Praxis für Neurologie und Psychiatrie. Für Burnout sei der Dr. R. zuständig. Es klang für mich wie: „Hier sind sie falsch, gute Frau, versuchen Sie es woanders (nämlich bei Dr. R.).“ 

Geknickt verabschiedete ich mich und gelangte zurück auf die Googleseite, von der aus ich angerufen hatte. Dort stand jedoch: „Dres. Blabla, Blabla & R.“ In mir zerbrach etwas und ich begann zu weinen. 

Unter Tränen rief ich erneut an. 

Die Dame zeigte sich ihrerseits verwundert, warum ich denn aufgelegt hätte. Ein Termin wurde vereinbart. Ein Termin am 17. Juni. Privat oder nicht, täte nichts zur Sache (meine Hausärztin hatte mir empfohlen, über die Privatversicherung einen früheren Termin zu erwirken, wie peinlich). 

War ja klar, hatte ich doch schon oft gehört, aber irgendwie war ich dennoch platt. Ein Termin in fünf Monaten? Entweder wäre ich dann komplett ausgebrannt, in Flammen aufgegangen, in Schutt und Asche gelegt – oder bereits wieder über den Berg, oder? 

Kaum hatte ich aufgelegt, fing ich wieder an zu weinen, zu schluchzen. Und hörte gar nicht mehr auf. Ich konnte nicht mehr. Ich war komplett am Ende, soviel war klar. Doch wie sollte ich jemals wieder aus diesem Raum herauskommen? Draußen waren die Schüler*innen zu hören, Kolleg*innen. Aber ich konnte mich nicht beruhigen. Auch die Möglichkeit, irgendwie aufzustehen, schien ausgeschlossen. Meine Beine fühlten sich an, als wären sie aus Pudding. In meiner Verzweiflung schrieb ich eine Nachricht an unseren Schulsozialarbeiter. Nach einer Weile kam er und erlöste mich. 

Nachdem er sich einen Eindruck verschafft hatte, holte er auf meinen Wunsch unseren Schulleiter, der angesichts meiner Verfassung überrascht und besorgt war. Ich war immer noch in Tränen aufgelöst und schluchzte unkontrolliert „Ich kann nicht mehr.“ Mühsam erzählte ich auch ihm die Vorgeschichte, so in etwa, wie sie hier auch zu lesen ist. 

Er reagierte recht besonnen, wägte gleich ab, was auf die Schule zukommen würde, wenn ich länger ausfiele und zeigte sich in zuversichtlich. Eine Weile saß ich noch mit unserem Schulsozialarbeiter in dem Raum, bis ich mir zutraute, aufzustehen und nach Hause zu gehen. 

Die Hausärztin rief mich auf meinen Wunsch hin zurück, veranlasste die Krankschreibung, bat mich, einen Termin für in zwei Wochen zu vereinbaren und gab mir auf den Weg, mich jetzt erstmal so richtig auszukurieren. Es traf sich gut, dass bereits vereinbart war, dass mein Kind das Wochenende bei ihrem Papa verbringen und sogar von ihm abgeholt werden würde. Er war auch sofort bereit, sie sonntags wieder zu bringen und dann die Woche über in Besigheim zu bleiben, um sich um sie zu kümmern, so dass ich ein paar Tage wirklich frei hätte und abschalten könnte. 

Etwas schwierig war es, mich gedanklich aus den Schulangelegenheiten auszuklinken. So ganz ging es nicht, immerhin standen die Halbjahresinformationen an, aber ich versuchte, mich wirklich auf das Allernötigste zu beschränken. In dem Bewusstsein, dass alles Unklare meine Kolleginnen (und die Schüler*innen) ausbaden müssten, aber auch in dem Vertrauen, dass es wohl auch ohne mich gehen würde, gehen muss. 

Und jetzt? 

Gestern kam ich in Freudenstadt an. Eigentlich hatte ich zuerst überlegt, mir eine kleine Ferienwohnung zu nehmen, wo ich meine Ruhe hätte und mir auch gesundes, (für den Körper) stressarmes, hormonfreundliches Essen zubereiten könnte, was in letzter Zeit sehr zu kurz gekommen war. Bei der Wahl des Ortes war ich offen, Hauptsache nicht so weit weg, nicht zu städtisch, aber groß genug, um das Notwendigste zu bieten (zum Beispiel einen Schreibwaren-/ Bastelladen, denn ich wollte mich vielleicht etwas kreativ betätigen; ein nettes Café; ein rudimentäres kulturelles Angebot) und nahe dran an der Natur. 

Dann kam mir eine Ferienwohnung doch etwas einsam vor, zumal die Angebote preismäßig nur knapp unter diesem Hotel lagen, das immerhin auch noch einen Pool und eine Sauna bietet. Ob ich die auch nutzen werde, weiß ich noch nicht. Nach meinen letzten beiden Saunabesuchen ist der Infekt jedes Mal wieder aufgeflammt. Aber ich könnte, wenn ich wollte. 

Das mag ich ja. Diese Freiheit. Und ich liebe es hier jetzt schon. Das Zimmer ist groß genug und frisch renoviert, wie überhaupt das ganze Hotel. Es herrscht eine so schöne entspannte, ruhige Atmosphäre. Das Frühstück mit kleiner, aber erlesener Bio-Auswahl. Lage am Ortsrand, direkt am Wald, die Innenstadt wäre fußläufig in zwanzig Minuten erreichbar. Und ich bin dieses Mal mit dem Auto unterwegs. Ungewohnt, aber gut. Keine Ahnung, ob ich vierzig Minuten Gehen derzeit überhaupt schaffen würde. 

Jetzt erhole ich mich also. Wovon, da habe ich bisher nur eine vage Vorstellung. Körperlich erschöpft bin ich, soviel steht fest – und da gibt es auch wenig Ermessensspielraum. Zumindest, wenn ich es nicht ignoriere oder kleinrede. Richtig gesund bin ich auch noch nicht, es scheint eine chronische Nebenhöhlenentzündung zu sein, der Schleim läuft mir ständig den Hals hinunter und verursacht einen blöden Reizhusten. Einen Termin für den HNO-Arzt muss ich heute vereinbaren. 

Erwähnte ich schon, dass ich ein sehr zwiespältiges Verhältnis zu Ärzten habe und mich sehr schwer tue, mich da auf jemanden festzulegen? Der HNO-Arzt bei uns am Ort ist telefonisch quasi nie erreichbar und die anderen in der Nähe haben nur durchwachsene Bewertungen (ja, doch, ich glaube, ich bin schon in der Lage, aus der Menge der Bewertungen eine Tendenz rauszulesen und dabei die wesentlichen Aspekte zu erfassen). 

Und die allermeisten Arztbesuche hätte ich mir im Nachhinein (zum Glück) ersparen können, da nie irgendetwas dabei rauskam, was mein Leben in irgendeiner Weise verbessert hätte. Zum Glück: weil ich also wohl bisher keine lebensbedrohlichen oder einschränkenden Erkrankungen hatte. Aber gegen die leichten Beeinträchtigungen, die mich zum Arztbesuch veranlasst hatten, gab es eben auch keine Hilfe. Dafür hohe Rechnungen. Die Freuden der Privatversicherten. Ich hasse es schon allein aus diesem Grund, privat versichert zu sein. 

Klingt das wie Jammern auf hohem Niveau? Fragt die Stimme in meinem Hinterkopf. Kann ich das hier so schreiben? Ja, mach das. Das muss so. Wen das triggert, der hat halt ein falsches Mindset. Hihihi. Das mit dem Mindset ist ja schon ein heikle Sache. Das kann einen schon auch mal in ein Burnout treiben… Also aufgepasst! 

Ein Glaubenssatz, der mich sicherlich plagt, wurde mir an jenem schwarzen Freitag ganz klar: „Du musst dich nur genug anstrengen, dann wird alles gut.“ Und deshalb strenge ich mich mein ganzes verdammtes Leben schon so megamäßig an, immer in der Hoffnung, dass irgendwann mal alles gut wird. Wird es aber nie. Wurde es bisher nicht. Immer nur so: Puh, das ist ja gerade nochmal gut gegangen. Also, auf in die nächste Katastrophe! Könnte man mal was mit machen, mit diesem Glaubenssatz. 

Beim ersten Googeln, was bei einem Burnout zu tun wäre, bin ich noch nicht sehr weit gekommen. Hab eigentlich sehr schnell das Handtuch geworfen. Autogenes Training, Stress reduzieren?! Danke auch. Erwähnte ich übrigens schon, dass ich alle Benachrichtigungsmeldungen deaktiviert habe und Instagram und Facebook aktiv meide? Dass ich auch das Internetz, vor allem meine berüchtigten, stets ausartenden Recherchen, weitestgehend meide? 

Zwei Sachen habe ich mir so für mich überlegt. Ob womöglich meine ADHS-Diagnose (also zumindest die Diagnose einer Disposition zu ADHS), die ich über die Jahre als unzutreffend abgetan hatte, doch eine Rolle spielen könnte? Und ob eventuell doch eine Traumatherapie aufgrund verschiedener Erlebnisse in meiner Kindheit angebracht wäre? Irgendwie scheint die Erschöpfung allumfassend zu sein, so als hätte ich mich einfach zu lange schon übermäßig angestrengt, ohne etwas (Erstrebenswertes) für mich zu erreichen. Das werde ich jetzt mal zu klären versuchen. 

Tschüss für jetzt. Muss mich erstmal hinlegen. Bin total platt. 

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